Der Teppich von Bayeux , entstanden um 1070/80, ist ein Wandbehang von ursprünglich wohl über 70 Metern Länge (erhalten sind 68,38 Meter) und 45,7 bis 53,6 cm Höhe, ein schmaler, sehr langer Streifen aus Leinwand also, der fortlaufend bestickt ist mit 60 farbigen Bildszenen aus der damals jüngstvergangenen Geschichte: Er berichtet, wie Wilhelm , Herzog der Normannen König von England wurde.
Sein Thema ist also die Vorgeschichte und der Verlauf der berühmten Schlacht von Hastings 1066. Dabei behandelt er die historischen Ereignisse nicht viel anders, als die Heldenlieder des Mittelalters ihre Stoffe behandeln: Er erzählt eine Saga in Bildern, nämlich die Geschichte zweier Helden, die einander ebenbürtig, gleich adelig und gleich tapfer gegenüberstehen. Wilhelm, der schließlich als Sieger hervorgeht, und Harold, der Führer des angelsächsischen Adels, der auf tragische Weise unterliegt.
Der Berichtszeitraum umfasst ein knappes Jahr, von der Abreise des Grafen Harold von Wessex in die Bretagne Anfang November 1065 bis zum Tag der Schlacht von Hastings, dem 14. Oktober 1066. Schnell wird der Betrachter mit den Hauptakteuren vertraut: Neben Harold sind dies Herzog Wilhelm v. d. Normandie und König Edward der Bekenner.
Ein besonderes Merkmal des Teppichs ist die kontinuierende Darstellungsweise. Durch Bäume und hohe, turmartige Architekturelemente wird die Bildererzählung gegliedert. Ebenso sind die Menschen Bestandteil der fortschreitenden Darstellung und oft gehen die Bildszenen ineinander über. An keiner Stelle aber stört ein abrupter Wechsel des Ortes oder ein zeitlicher Bruch den Ablauf der Ereignisse. Wo durch trennende Bäume oder Türme ein Bild sich zu isolieren droht, werden Überleitungsfiguren platziert. Dies sind z.B. Boten, Späher, Spione oder Personen, die mit dem Finger auf die Hauptakteure zeigen, so das Geschehen transparent machen und die Handlung weitertreiben.
Oberhalb der Bilder sind Schriften angebracht. Es ist anzunehmen, dass die lateinische Beschriftung erst nachträglich hineingestickt wurde, denn sie nimmt Rücksicht auf die Bildelemente. An anderer Stelle ist die Fläche, die für die Schrift verblieb, derart schmal, dass Wörter auseinandergerissen werden müssen. Die deutliche Schriftüberladenheit wirft die Frage auf, ob ein derartiger Wortreichtum in der ursprünglichen Konzeption überhaupt vorgesehen war.
Auftraggeber dürfte der Halbbruder Herzog Wilhelms, Bischof Odo von Bayeux , gewesen sein. Er ist auf dem Teppich mehrmals an bevorzugter Stelle dargestellt und er war der Hüter der Reliquien von Bayeux. Entworfen und gestickt wurde die Bildergeschichte wohl in England, dafür spricht die Tradition solcher Wandteppiche in diesem Land (auch wenn nur Fragmente überliefert sind), und dafür sprechen manche Anklänge an das Altenglische in Schrift und Sprache der Bildüberschriften. Der Wandbehang war sicher nicht für die Kathedrale von Bayeux bestimmt. Dieser schmale, lange Streifen eignete sich vielmehr für die Halle eines Adelssitzes. Dass Odo in Bayeux einen Palast bauen ließ ist überliefert.